Die St. Nikolaus Kirche (auf Tschechisch: Kostel svatého Mikuláše) ist eine der bedeutendsten Barockkirchen in Prag und eines der Wahrzeichen der Stadt. Sie liegt im historischen Stadtteil Malá Strana (Kleinseite) direkt am Malá Strana Platz (Malostranské náměstí) und ist weithin für ihre prächtige Architektur, beeindruckende Innenausstattung und reiche Geschichte bekannt. Diese Kirche ist ein herausragendes Beispiel für den Hochbarock in Mitteleuropa und ein beliebtes Ziel für Touristen, Kunstliebhaber und Musikbegeisterte.
Geschichte der St. Nikolaus Kirche
Der Bau der St. Nikolaus Kirche begann im Jahr 1673, als die Jesuiten beschlossen, eine neue Kirche zu Ehren des Heiligen Nikolaus zu errichten. Die Kirche wurde auf den Überresten eines älteren gotischen Gotteshauses gebaut. Der Bau dauerte über 100 Jahre, und verschiedene Architekten wirkten an diesem Projekt mit, darunter die bedeutenden Baumeister der Barockzeit, Christoph Dientzenhofer, Kilian Ignaz Dientzenhofer und Anselmo Lurago.
Die Bauarbeiten wurden in drei Hauptphasen durchgeführt:
- 1673–1711: Die erste Phase des Baus umfasste die Errichtung des Kirchenschiffs, das von Christoph Dientzenhofer entworfen wurde.
- 1711–1750: Die zweite Phase wurde von Kilian Ignaz Dientzenhofer, dem Sohn von Christoph, geleitet. In dieser Zeit wurden die prächtige Kuppel und der Chor fertiggestellt.
- 1750–1756: Die dritte und letzte Phase unter der Leitung von Anselmo Lurago führte zur Fertigstellung des 60 Meter hohen Glockenturms, der heute ein weiteres markantes Merkmal der Kirche ist.
Die Kirche war ursprünglich ein Zentrum des Jesuitenordens in Prag und spielte eine wichtige Rolle im geistlichen und kulturellen Leben der Stadt. Nach der Auflösung des Jesuitenordens im Jahr 1773 ging die Kirche in den Besitz des Staates über und dient seitdem als Pfarrkirche.
Architektur der St. Nikolaus Kirche
Die Architektur der St. Nikolaus Kirche ist ein Paradebeispiel für den Böhmischen Barock und verbindet Eleganz mit monumentaler Pracht. Der Entwurf der Kirche zeigt die Handschrift der berühmten Dientzenhofer-Familie, die für ihre innovativen und prachtvollen Barockbauten bekannt ist.
Fassade und Äußeres
Die Fassade der St. Nikolaus Kirche ist reich verziert und zeigt typische Merkmale des Hochbarocks. Über dem Hauptportal befinden sich Skulpturen von Heiligen, die von den tschechischen Bildhauern Ignaz Platzer und Franz Ignaz Weiss geschaffen wurden. Die Fassade ist von geschwungenen Linien und reich verzierten Ornamenten geprägt, die dem Gebäude ein majestätisches und doch dynamisches Erscheinungsbild verleihen.
Die massive Kuppel ist ein beeindruckendes Merkmal der Kirche und erreicht eine Höhe von 70 Metern. Sie ist ein wichtiges Element in der Prager Skyline und bietet von außen einen imposanten Anblick. Der Glockenturm, der sich auf der Südseite der Kirche erhebt, ist nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern dient auch als Aussichtsplattform, von der aus Besucher einen atemberaubenden Blick über die Stadt genießen können.
Innenraum der Kirche
Der Innenraum der St. Nikolaus Kirche ist ein wahres Barockjuwel und beeindruckt durch seine prächtige Ausstattung. Das Interieur ist reich mit Fresken, Stuckarbeiten, Statuen und vergoldeten Verzierungen geschmückt, die die Kirche in ein glanzvolles Licht tauchen.
Ein besonders beeindruckendes Element ist die prächtige Kuppelfreske, die Szenen aus dem Leben des Heiligen Nikolaus darstellt. Das Fresko wurde von Johann Lucas Kracker, einem bedeutenden Barockmaler, geschaffen und gehört zu den größten seiner Art in Europa. Es erstreckt sich über eine Fläche von 1.500 Quadratmetern und zeigt Szenen voller Bewegung und Dramatik, typisch für den Barockstil.
Kunst und Dekoration
Die St. Nikolaus Kirche ist nicht nur ein architektonisches, sondern auch ein künstlerisches Meisterwerk. Im Inneren befinden sich zahlreiche Gemälde und Skulpturen, die von bekannten Künstlern des 18. Jahrhunderts geschaffen wurden.
- Hauptaltar: Der Hauptaltar ist reich verziert und zeigt eine Statue des Heiligen Nikolaus, die von Ignaz Platzer entworfen wurde. Die goldenen Verzierungen und die Marmorsäulen verleihen dem Altar einen prunkvollen Glanz.
- Seitenaltäre: Die Kirche verfügt über mehrere Seitenaltäre, die jeweils verschiedenen Heiligen gewidmet sind. Besonders beeindruckend ist der Altar der Heiligen Barbara, der mit schönen Statuen und Gemälden geschmückt ist.
- Orgel: Eine der Hauptattraktionen der St. Nikolaus Kirche ist die beeindruckende Barockorgel. Sie wurde im Jahr 1746 installiert und umfasst mehr als 4.000 Pfeifen. Die Orgel wurde von Wolfgang Amadeus Mozart während seines Aufenthalts in Prag gespielt und ist heute ein wichtiger Teil des musikalischen Erbes der Stadt.
Die Musik in der St. Nikolaus Kirche
Die St. Nikolaus Kirche ist berühmt für ihre exzellente Akustik und ihre lange Tradition der klassischen Musik. Viele berühmte Komponisten, darunter Wolfgang Amadeus Mozart, haben hier Konzerte gegeben. Auch heute noch finden regelmäßig klassische Konzerte in der Kirche statt, darunter Werke von Mozart, Bach, Vivaldi und weiteren Meistern der Barockmusik. Diese Konzerte ziehen nicht nur Touristen an, sondern sind auch bei den Einwohnern Prags sehr beliebt.
Die Atmosphäre der Kirche, kombiniert mit den Klängen klassischer Musik, schafft ein unvergessliches Erlebnis und ermöglicht es, die Pracht des Barockzeitalters auf eine besondere Weise zu erleben.
Glockenturm: Ein atemberaubender Blick über Prag
Der Glockenturm der St. Nikolaus Kirche ist ein weiteres Highlight. Der Turm ist 60 Meter hoch und bietet Besuchern eine Aussichtsplattform, von der aus man einen herrlichen Blick auf die Prager Altstadt, die Karlsbrücke, die Prager Burg und die Moldau genießen kann. Der Aufstieg erfolgt über eine enge Wendeltreppe, die den Besuchern die Gelegenheit gibt, die massive Struktur des Turms aus nächster Nähe zu betrachten. Der Blick von oben ist besonders bei Sonnenuntergang atemberaubend, wenn die Stadt in warmen, goldenen Tönen erstrahlt.
Die Rolle der Kirche in der tschechischen Geschichte
Die St. Nikolaus Kirche hat nicht nur eine religiöse, sondern auch eine historische Bedeutung. Während des 18. und 19. Jahrhunderts war sie ein wichtiges Zentrum des katholischen Lebens in Prag. Nach der Auflösung des Jesuitenordens im Jahr 1773 spielte die Kirche eine zentrale Rolle im kulturellen und spirituellen Leben der Stadt.
In den Kommunistischen Jahren wurde die Kirche als Veranstaltungsort genutzt, und die religiöse Bedeutung geriet in den Hintergrund. Nach der Samtenen Revolution 1989 kehrte die Kirche jedoch zu ihrer Rolle als religiöses Zentrum zurück und wurde einer umfassenden Renovierung unterzogen, um ihren ursprünglichen Glanz wiederherzustellen.