Jiří Kylián (*21. März 1947 in Prag, Tschechoslowakei) ist ein weltweit gefeierter tschechischer Choreograf, der das zeitgenössische Ballett maßgeblich geprägt hat. Seine Arbeit ist bekannt für ihre emotionale Tiefe, innovative Ästhetik und den fließenden Übergang zwischen klassischem Ballett und moderner Tanzsprache. Kylián war langjähriger künstlerischer Leiter des Nederlands Dans Theater (NDT) und gilt als einer der bedeutendsten Choreografen des 20. und 21. Jahrhunderts.
Frühes Leben und Ausbildung
Jiří Kylián wuchs in Prag auf und zeigte früh eine Leidenschaft für Tanz und Kunst. Mit neun Jahren begann er an der Ballettschule des Nationaltheaters Prag zu trainieren. Sein Talent brachte ihn 1962 an die renommierte Prager Konservatorium, wo er eine fundierte Ausbildung im klassischen Ballett erhielt.
1967 erhielt Kylián ein Stipendium an der Royal Ballet School in London, wo er mit bedeutenden Choreografen wie John Cranko und Kenneth MacMillan in Kontakt kam. Diese Zeit prägte seinen künstlerischen Stil nachhaltig.
Karriere
Frühe Choreografien
Nach Abschluss seiner Ausbildung begann Kylián 1968 als Tänzer und Choreograf am Stuttgarter Ballett unter der Leitung von John Cranko. Dort sammelte er wertvolle Erfahrungen und entwickelte erste eigene Werke.
Nederlands Dans Theater (NDT)
1973 trat Kylián dem Nederlands Dans Theater bei und wurde 1975 künstlerischer Leiter. Unter seiner Führung erlebte das Ensemble eine außergewöhnliche kreative Blütezeit, die das NDT zu einer der weltweit führenden Tanzkompanien machte.
Kylián schuf für das NDT zahlreiche Werke, die für ihre Innovation und emotionale Kraft berühmt sind. Besonders bahnbrechend war die Gründung von zwei weiteren Gruppen innerhalb des NDT:
- NDT 2 (1978): Ein Ensemble für junge Tänzer, das als Sprungbrett für Karrieren im zeitgenössischen Tanz dient.
- NDT 3 (1991): Eine Kompanie für ältere Tänzer, die ihre künstlerische Reife und Lebenserfahrung auf der Bühne zeigen konnten.
Choreografischer Stil
Kylián verbindet in seinen Werken Elemente des klassischen Balletts mit moderner Tanztechnik, inspiriert von Musik, Architektur und bildender Kunst. Seine Choreografien zeichnen sich durch eine einzigartige Poesie, innovative Bewegungsqualität und die Erkundung existenzieller Themen wie Liebe, Vergänglichkeit und Freiheit aus.
Berühmte Werke sind:
- „Symphony of Psalms“ (1978): Ein Klassiker, der Kyliáns Fähigkeit zeigt, Musik und Bewegung perfekt zu vereinen.
- „Petite Mort“ (1991): Ein poetisches Stück, das Eleganz, Sinnlichkeit und Humor kombiniert.
- „Bella Figura“ (1995): Eine meditative und visuell eindrucksvolle Choreografie.
Spätere Karriere
2009 zog sich Kylián offiziell von seiner Position beim NDT zurück, blieb jedoch weiterhin als freier Choreograf aktiv. Er widmete sich zudem experimentellen Projekten, darunter Film- und Multimediaarbeiten, die den Tanz in neue künstlerische Kontexte setzen.
Auszeichnungen
Kylián hat zahlreiche Ehrungen und Preise erhalten, darunter:
- Goldene Ehrenmedaille für Kunst und Wissenschaft des Königreichs der Niederlande
- Benois de la Danse für sein Lebenswerk
- Prix de Lausanne
- Orden des Weißen Löwen (2017): Die höchste Auszeichnung der Tschechischen Republik.
Bedeutung
Jiří Kylián gilt als Pionier des zeitgenössischen Tanzes. Seine Werke haben Generationen von Tänzern und Choreografen inspiriert und setzen bis heute Maßstäbe für die Verbindung von Tanz, Musik und visueller Kunst. Er hat nicht nur das NDT geprägt, sondern auch die Entwicklung des modernen Balletts weltweit beeinflusst.
Seine künstlerische Vision und seine Fähigkeit, tief menschliche Themen durch Bewegung zu erforschen, machen ihn zu einer Ikone der Tanzwelt. Kylián bleibt ein Symbol für Innovation und die zeitlose Kraft des Tanzes.