Goldenes Gässchen (Zlatá ulička)

Das Goldene Gässchen ist ein historisches Gässchen an der Innenmauer der Prager Burg und ein beliebter Anziehungspunkt für Touristen in Prag. Es erlangte Berühmtheit aufgrund der Legende, dass hier unter der Aufsicht von Kaiser Rudolf II. Alchimisten tätig waren, die versuchten, künstliches Gold und den Stein der Weisen zu erschaffen. Die kleinen Häuschen entstanden im 16. Jahrhundert und dienten ursprünglich als Unterkünfte für die Burgwachen des Kaisers, die als „rote Schützen“ bekannt waren. Später zogen vor allem Goldschmiede in die Häuschen ein, was der Gasse wahrscheinlich ihren Namen gab.

Ein bemerkenswerter Bewohner des Goldenen Gässchens war der Schriftsteller Franz Kafka, der zwischen 1916 und 1917 im Haus Nr. 22 lebte und an seinen Werken arbeitete. Heute beherbergen die Häuschen des Goldenen Gässchens eine Dauerausstellung, Souvenirläden und gemütliche Cafés, die Besuchern die Möglichkeit bieten, die Atmosphäre vergangener Zeiten zu erleben und Souvenirs zu erwerben. Ein Spaziergang durch das Goldene Gässchen ist eine faszinierende Reise in die Geschichte Prags und ein Muss für jeden Besucher der Prager Burg.

Eintritt

Für den Zugang zum Goldenen Gässchen auf der Prager Burg ist ein Eintritt erforderlich. Der Eintrittspreis ist in die allgemeine Eintrittskarte für die Prager Burg integriert.


Das Goldene Gässchen – Geschichte und Legenden in Prag

Wenn du durch das Prager Burgareal streifst, stößt du hinter den alten Mauern auf eine schmale, gepflasterte Gasse wie aus einem Märchen. Das Goldene Gässchen (tschechisch Zlatá ulička), eingefasst von der Nordmauer der Prager Burg und den alten Gebäuden des Burggrafenpalastes, steht zwischen dem Weißen Turm und dem runden Daliborka-Turm. Die kleinen Häuser, die hier in leuchtenden Pastellfarben erstrahlen, wurden bereits im 16. Jahrhundert errichtet. Damals baten die „Roten Schützen“ – kaiserliche Burgwachen – Kaiser Rudolf II. um Erlaubnis, in den vor kurzem neu ausgebauten Mauerdurchgängen winzige Kammern einzubauen. Im September 1597 erhielt diese Truppe die Genehmigung, die Gewölbebögen in der Burgmauer zuzumauern und in der Tiefe dieser Nischen einfache Stübchen zu errichten. Diese kaninchengroßen Häuser wurden zunächst von den Schützen selbst bewohnt oder untereinander verkauft, später auch an andere Personen vermietet. Du kannst dir vorstellen, wie sich die Gasse bald mit allerlei Anbauten und Schornsteinen füllte – so sehr, dass an manchen Stellen der Gang kaum einen Meter breit blieb.

Lage und Namensherkunft

Das Goldene Gässchen liegt im Nordosten des Burgareals, eingebettet in die gotische und romanische Wehranlage. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die berüchtigte Daliborka, ein früherer Gefängnisturm, der von Legende und Opernstoff umwoben ist (nach dem ersten Gefangenen Dalibor von Kozojedy benannt). Die offizielle Bezeichnung lautet Zlatá ulička u Daliborky – die „Goldene Gasse bei der Daliborka“. Woher der poetische Name stammt, ist selbst Legende: Man erzählt, Rudolf II. habe hier Alchimisten nach dem Stein der Weisen forschen lassen, was dem Gässchen schon früh einen märchenhaften Ruf einbrachte. Historisch betrachtet lebten hier aber kaum Goldmacher – vielmehr zogen ab dem 17. Jahrhundert Goldschmiede in die kleinen Häuschen ein, was wohl eher Namensgebung und Ruf begründete. Eine andere Erklärung deutet eher mit Ironie auf die ursprünglichen Bewohner: Die Burgbediensteten trugen Uniformen mit goldgelben Stickereien, und in dem armen Viertel wäre „Goldene Gasse“ fast ein Scherzname gewesen. So vermischt sich Wahrheit mit Sage – in jedem Fall ist der Name seit Jahrhunderten fest mit der bunten Gasse verbunden.

Frühe Geschichte und Bewohner

Wenn du genauer hinschaust, kannst du noch Spuren der ursprünglichen Bebauung erkennen. Die ersten elfeinhalb Häuschen entstanden direkt in den Bögen der äußeren Burgmauer, nur wenige Meter unterhalb des Wehrgangs. Sie waren bescheiden, nur etwa zweieinhalb Meter hoch, mit winzigen Türen und Fenstern. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden sie schrittweise ausgebaut – Tischler, Schmiede, Schneider und andere Handwerker errichteten Provisorien, d.h. winzige An- und Aufbauten, innerhalb der schmalen Gasse. Doch 1864 nahm man diese Anbauten im Zuge einer Burg-Sanierung wieder ab, so dass heute nur noch die Häuser entlang der Nordmauer erhalten sind.

Tatsächlich wurde das Goldene Gässchen über Jahrhunderte von einfachen Leuten bewohnt: Pfortner, Wachleute, Glocken- und Türmer. Die Not der Bewohner war groß, so dass es eher überraschend ist, dass sich diese Idylle behauptet hat. Im 19. Jahrhundert entdeckten einfallsreiche Anwohner den Touristengewinn dieser Szenerie. Schon seit den 1880er Jahren lockten sie Gäste mit kleinen Attraktionen an: Für eine Gebühr durfte man zum Beispiel aus einem Fenster einen Blick in den ansonsten verschlossenen Jelení příkop (Hirschgraben) werfen, der tief unterhalb des Schlosses lag. Außerdem wurde die Gasse ab den 1910er Jahren auf Postkarten verewigt, was ihr romantisches Flair weit über Böhmen hinaus bekannt machte.

Legenden um Alchemisten und Drachen

Magisch wirkt das Goldene Gässchen bis heute. Ein Hauch von Alchemie umweht die Geschichte: Der exzentrische Kaiser Rudolf II. war bekannt für seine Faszination mit dem Übersinnlichen. Es heißt, er habe in der Prager Burg sein Hoflabor betrieben und die besten Alchemisten Europas in geheimen Experimenten nach „Philosophenstein“ und künstlichem Gold forschen lassen. Ob diese Geschichten wahr sind oder nicht – wo heute bunte Häuschen stehen, ranken sich bis heute Mythen. Tatsächlich hat die Forschung jedoch keine eindeutigen Belege gefunden, dass hier überhaupt Alchemisten wohnten. Vielmehr erinnert der Name gelegentlich auch an diese verwegene Legende.

Auch an anderen Schauplätzen in der Nachbarschaft sind Legenden lebendig: Am östlichen Ende der Gasse erhebt sich die Daliborka, ein runder Kanonenturm aus dem Jahr 1496, den einst der Baumeister Benedikt Rejt vollendete. Seine Berühmtheit verdankt er einem rebellischen Adligen namens Dalibor von Kozojedy, der hier gefangen war. Diese Geschichte inspirierte den Komponisten Bedřich Smetana zu seiner Oper Dalibor– so eng sind realer Burgalltag und Fiktion hier verwoben. Auch in der Gasse selbst finden sich Schatten aus Geschichten: Der Schriftsteller Gustav Meyrink beispielsweise versetzt in seinem Roman eine der winzigen Häuser in eine fantastische Nachtwelt – wer die Türschwelle überschreitet, tritt in seine eigene Mythenstadt ein.

Architektur und Atmosphäre

Wenn du heute durch das Goldene Gässchen spazierst, spürst du den Zauber vergangener Zeiten: Kopfsteingepflaster (in Prag nennt man das Kočičí hlavy) unter deinen Füßen, die kleinen Häuschen eng aneinandergereiht mit ihren winzigen Türen, bunten Fassaden und vielen Schornsteinen. 1955 wurden die Häuser nach der Sanierung durch Architekt Pavel Janák wiederhergestellt und erhielten ihre charakteristischen Pastellfarben. Der tschechische Puppenfilmer und Illustrator Jiří Trnka schlug damals vor, die Außenwände in hellen Gelb-, Blau- und Rosatönen zu streichen, was ihnen bis heute ein märchenhaftes Aussehen verleiht. Die Dächer sind niedrig, die Räume klein – du musst dich fast bücken, um durch die schmalen Türen zu treten. Durch die winzigen Fenster scheint spärliches Licht, das dem Inneren eine geduckte, heimelige Stimmung gibt. Dieser malerische Anblick mit „der pastellverblassten Tonalität, den winzigen Fensterchen, den niedrigen Dächern und den vielen Schornsteinen“ wurde schon in der Ersten Tschechoslowakischen Republik als einzigartig empfunden.

Künstler, Schriftsteller und Bewohner

Das Goldene Gässchen übte auch eine starke Anziehungskraft auf Künstler und Schriftsteller aus. Im Haus Nr. 22 etwa wohnte und schrieb 1916/17 der junge Franz Kafka – hier arbeitete er, mit Erlaubnis seiner Schwester Ottla, an mehreren Erzählungen, die später in der Sammlung Ein Landarzt (1920) veröffentlicht wurden. Dieses kleine blaue Häuschen ist heute eines der bekanntesten Fotomotive der Gasse. Im Haus Nr. 12 trafen sich zur gleichen Zeit tschechische Literaten und Dichter wie František Halas, der spätere Nobelpreisträger Jaroslav Seifert und Vítězslav Nezval. Auch die mystische Schriftstellerfigur des J. Meyrink – das „Haus Zur letzten Laterne“ – hat eine literarische Version in dieser Gasse, in deren Schatten er seine phantastischen Geschichten spielen ließ.

Neben Künstlern gab es hier im 20. Jahrhundert skurrile Persönlichkeiten: Eine berühmte Bewohnerin war die Wahrsagerin Madame de Thébes, alias Matylda Průšová. Ihr Haus erkennt man an einer malerischen Hausmarke mit Eule, Kristallkugel und Katze. Sie führte in den 1930er Jahren einen Laden für Kartenlegen und Prophezeiungen – bis sie während der Nazi-Zeit grausam im Gestapo-Gefängnis umkam. Solche Schicksale erinnern daran, dass die malerische Kulisse doch mit der rauen Realität wechselvoller Epochen verbunden ist.

Bedeutung und Erbe

Heute ist das Goldene Gässchen Teil des offiziellen Rundgangs durch den Prager Burghof – und kein Wunder, denn die Straße gilt als Höhepunkt vieler Schlössertouren. Für dich ist es wie ein lebendiges Museum der Kleinbürger- und Künstlersiedlung: Du kannst in einigen Häusern museale Einrichtungsgegenstände vergangener Jahrhunderte bestaunen. Im ersten Obergeschoss werden zum Beispiel auch mittelalterliche Rüstungen ausgestellt, die an die alten Wehrläufer des Schlosses erinnern. Insgesamt vermittelt das Gässchen den Besuchern einen unmittelbaren Eindruck von einem fast vergessen geglaubten Teil der Stadtgeschichte.

Seine Bedeutung für die Prager Burg und die Stadt Prag liegt vor allem in seinem einzigartigen Charme und seiner Authentizität. Noch bevor es üblich war, historische Kulissen zu restaurieren, galt das Goldenes Gässchen als erhaltenswertes Kleinod. Schon in der Zeit der Ersten Republik wurde darauf geachtet, das malerische Ensemble nicht zu verändern. Bis heute übt die Gasse ihre große Anziehungskraft aus: Viele beschreiben sie als märchenhaft oder geheimnisvoll. Wenn du dort stehst und die schiefen Giebel und bunten Wände betrachtest, erlebst du ein Stück lebendige Geschichte, eingebettet in die lange Geschichte der Prager Burg – und damit in die Geschichte der ganzen Stadt.


Quellen: