Die Villa Müller (Müllerova vila) gehört zu den bedeutendsten architektonischen Bauwerken des 20. Jahrhunderts in Prag. Sie wurde zwischen 1928 und 1930 für den Ingenieur und Bauunternehmer František Müller und seine Frau Milada errichtet – nach den Plänen des legendären Architekten Adolf Loos, einem der wichtigsten Wegbereiter der modernen Architektur. Unterstützt wurde Loos bei der Umsetzung durch Karel Lhota. Das Ergebnis ist ein Haus, das die strenge Funktionalität der Moderne mit der wohnlichen Eleganz der klassischen Architektur verbindet.
Ein Haus mit klarer Form und komplexem Inneren
Von außen wirkt die Villa schlicht, fast streng: Ein kubischer Baukörper mit glatten weißen Fassaden, kaum dekoriert, ohne überflüssige Ornamente. Doch dieser minimalistische Eindruck täuscht. Im Inneren entfaltet sich ein komplexes räumliches Konzept, das Loos als „Raumplan“ bezeichnete. Dabei sind die Räume nicht wie üblich auf festen Etagen angeordnet, sondern in unterschiedlichen Höhen und Ebenen verschachtelt, sodass sie je nach Funktion und Bedeutung verschieden zueinander stehen.
Wohn- und Repräsentationsräume öffnen sich in geschickten Blickachsen, während private Bereiche bewusst abgeschirmt sind. Loos schuf hier ein Wohnkonzept, das bis heute revolutionär wirkt – funktional, durchdacht und zugleich harmonisch. Hochwertige Materialien wie Marmor, Nussbaumholz und Seidentapeten sorgen im Inneren für eine warme, luxuriöse Atmosphäre, die im Kontrast zur schlichten äußeren Form steht.
Geschichte und Wandel
Die Familie Müller bewohnte die Villa bis zur Verstaatlichung 1948. In der kommunistischen Ära wurde das Gebäude teilweise zweckentfremdet und als Büro, Archiv oder sogar als Lager genutzt. Viele der originalen Möbel und Einrichtungsgegenstände gelangten in Museen, blieben aber glücklicherweise erhalten. Nach der politischen Wende wurde das Haus restauriert und 2000 als Museum des Stadtmuseums Prag (Muzeum hl. m. Prahy) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die aufwändige Restaurierung orientierte sich an historischen Fotografien und Originalplänen und erhielt 2002 den renommierten Europa-Nostra-Preis für denkmalgerechte Sanierung. Seither gilt die Villa als authentischstes erhaltenes Werk von Adolf Loos und zieht Architekturinteressierte aus aller Welt an.
Besuch und aktuelle Informationen
Die Villa liegt im ruhigen Villenviertel Střešovice (Adresse: Nad Hradním vodojemem 642/14, Prag 6) – nur wenige Minuten von der Prager Burg entfernt. Sie ist im Besitz der Stadt Prag und wird vom Stadtmuseum Prag verwaltet. Führungen bieten normalerweise einen faszinierenden Einblick in die originale Inneneinrichtung, die Raumaufteilung und das Alltagsleben der 1930er Jahre.
Seit Februar 2025 ist die Villa jedoch vorübergehend für Renovierungsarbeiten geschlossen. Geplant ist eine umfassende Sanierung, insbesondere der Dachterrasse und der Gebäudetechnik, um den Erhalt des Denkmals langfristig zu sichern. Die Wiedereröffnung ist für Ende 2025 oder Anfang 2026 vorgesehen. Besucher sollten vor ihrem Aufenthalt die aktuellen Hinweise auf der Webseite des Stadtmuseums prüfen.
Ein Ort, den du dir vormerken solltest
Auch wenn die Villa derzeit nicht zugänglich ist, lohnt sich schon der Spaziergang durch die umliegenden Straßen von Ořechovka und Střešovice. Hier findest du zahlreiche weitere Beispiele für die elegante Architektur der Zwischenkriegszeit, eingebettet in eine ruhige, grüne Wohngegend mit Blick auf die Prager Burg.
Die Villa Müller ist mehr als nur ein Haus – sie ist ein Manifest des modernen Wohnens, ein Ort, an dem sich die Ideen des 20. Jahrhunderts in Raum, Proportion und Licht verdichten. Wenn du dich für Architektur, Design oder das Werk von Adolf Loos interessierst, gehört dieser Ort auf jeden Fall zu den Höhepunkten deiner nächsten Pragreise.