Im Stadtteil Smíchov, auf einem ruhigen Hang mit Blick auf die Moldau, steht die Villa Winternitz (Winternitzova vila) – ein architektonisches Meisterwerk der Moderne und das letzte fertiggestellte Werk des legendären Architekten Adolf Loos. Gemeinsam mit seinem Kollegen Karel Lhota entwarf Loos das Gebäude 1932 für den Anwalt Josef Winternitz und dessen Familie.
Die Villa verkörpert perfekt Loos’ revolutionäres Architekturkonzept des sogenannten Raumplans: Statt klassischer Etagen folgen die Räume unterschiedlichen Höhen und Ebenen, die fließend ineinander übergehen. Dadurch entsteht ein harmonisches Zusammenspiel von Offenheit und Intimität, Licht und Struktur. Von außen wirkt das Haus schlicht – eine klare, kubische Form mit großen Fenstern und Terrassen. Doch im Inneren offenbart sich ein fein abgestimmtes System aus Wohnhalle, erhöhtem Essbereich, Arbeitszimmern und privaten Rückzugsräumen.
Die Geschichte der Villa ist eng mit dem Schicksal ihrer Bauherren verbunden. Die jüdische Familie Winternitz musste das Haus während der nationalsozialistischen Besatzung aufgeben; Josef Winternitz und sein Sohn Petr wurden in Auschwitz ermordet, während seine Frau Jenny und Tochter Suzana überlebten. Nach dem Krieg diente das Gebäude verschiedenen Zwecken – unter anderem als Kindergarten – und verfiel über die Jahrzehnte, bis es in den 1990er-Jahren restauriert wurde.
Heute ist die Villa Winternitz ein öffentlich zugängliches Kulturdenkmal, Museum und Veranstaltungsort. Besucher können die Räume bei Führungen erkunden oder sogar – in einer der außergewöhnlichsten Übernachtungsmöglichkeiten Prags – das gesamte Haus mieten. Die restaurierten Originalräume zeigen eindrucksvoll, wie Loos’ puristische Formensprache mit praktischer Wohnkultur verschmilzt.
Adresse: Na Cihlářce 10, Prag 5 – Smíchov
Öffnungszeiten: Sonntag bis Mittwoch, 12:00–18:00 Uhr (je nach Saison variierend)