Eleganz am rechten Moldauufer
Das Masaryk-Ufer (Masarykovo nábřeží) zieht sich am rechten Ufer der Moldau (Vltava) durch die Prager Neustadt (Nové Město) – zwischen der Jirásek-Brücke (Jiráskův most) und der Brücke der Legionen (Most Legií). Es ist jener Abschnitt, der das prachtvolle Nationaltheater (Národní divadlo) mit dem Fluss verbindet und den Blick freigibt auf die Insel Slovanský ostrov (Žofín) mit ihrem eleganten Konzertpalais.
Wer hier entlangspaziert, erlebt Prag von einer ruhigeren Seite. Während die Touristenmengen über die Karlsbrücke drängen, gleitet am Masaryk-Ufer das Wasser gemächlich vorbei. Auf der anderen Seite siehst du die Insel Žofín, auf der sich Spaziergänger, Ruderer und Cafébesucher im Grünen tummeln – ein schönes Gegenbild zur steinernen Stadtkulisse.
Vom Handwerksufer zur Promenade
Noch vor 150 Jahren war dieser Abschnitt alles andere als mondän. Entlang der Moldau standen einfache Werkstätten, Mühlen und Gerbereien – eine Welt aus Holz, Leder und Rauch. Erst um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde das Ufer befestigt, verbreitert und mit eleganten Wohnhäusern bebaut.
Die heutige Pracht verdankt das Masaryk-Ufer der Zeit der Belle Époque und des Jugendstils: reich verzierte Fassaden, geschwungene Balkone und ornamentale Details erzählen vom Selbstbewusstsein einer Stadt im Aufbruch. Nach mehreren Umbenennungen – unter anderem als Franzens- und später Gottwald-Ufer – trägt es seit 1990 den Namen Masarykovo nábřeží, zu Ehren des ersten Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomáš Garrigue Masaryk.
Architektur und Atmosphäre
Das Masaryk-Ufer ist wie eine elegante Bühne für das tägliche Stadtleben. Zwischen Straßenbahn, Autos und dem ruhigen Flusslauf entfaltet sich ein urbanes Panorama, das bei jedem Lichtwechsel anders wirkt. Besonders eindrucksvoll präsentiert sich das Nationaltheater, dessen goldene Kuppel abends im Wasser glitzert.
Unweit davon steht das moderne Mánes-Ausstellungshaus (Výstavní síň Mánes) – ein funktionalistischer Bau mit Glasbrücke über den Seitenarm Čertovka, der Kunst und Design miteinander verbindet. Dazwischen reihen sich prächtige Mietshäuser aus der Jahrhundertwende, viele mit kunstvollen Figuren und floralen Ornamenten. Wer mit offenen Augen geht, entdeckt an fast jeder Ecke kleine Details: Mosaike, schmiedeeiserne Balkone oder Reliefs, die von vergangenen Zeiten erzählen.
Ein Spaziergang am Fluss
Ein Spaziergang am Masaryk-Ufer beginnt am besten an der Jirásek-Brücke. Von hier öffnet sich der Blick auf die Moldau und die vorbeiziehenden Boote. Der Weg führt dich flussaufwärts in Richtung Nationaltheater, vorbei am Mánes-Haus, wo du bei Kaffee und Kuchen moderne Kunst genießen kannst. Immer wieder öffnen sich kleine Treppen zum Wasser, auf denen du kurz verweilen oder Fotos machen kannst.
Am Abend ist dieser Abschnitt besonders stimmungsvoll. Wenn die Sonne hinter der Kleinseite (Malá Strana) versinkt, tauchen die Lichter der Straßenbahnen und Autos das Ufer in warmes Gold. Das Wasser spiegelt die Fassaden, und von der Brücke der Legionen aus siehst du eines der schönsten Panoramen Prags – die Stadt, die im Licht der Moldau zu tanzen scheint.
Tipps für deinen Besuch
Am ruhigsten ist das Masaryk-Ufer in den frühen Morgenstunden, wenn der Verkehr noch schläft und die Stadt im Nebel schimmert. Abends bietet sich die sogenannte „Blue Hour“ für Fotografen an – das Zusammenspiel aus Himmel, Wasser und Licht ist einzigartig. Wenn du deinen Spaziergang verlängern möchtest, erreichst du von hier aus in wenigen Minuten das Smetana-Ufer (Smetanovo nábřeží) oder die lebhafte Náplavka am Rašín-Ufer (Rašínovo nábřeží).
Und falls du zwischendurch eine Pause brauchst: Auf der gegenüberliegenden Insel Žofín wartet ein grünes Paradies mit Parkbänken, Enten, Booten und dem prachtvollen Palais Žofín – einer der schönsten Orte, um den Tag mit Blick auf die Stadt ausklingen zu lassen.
Ein Ort zwischen Bewegung und Ruhe
Das Masaryk-Ufer ist keine reine Flaniermeile und kein Museum – es ist ein lebendiges Stück Prag. Hier spürst du den Rhythmus der Stadt: Straßenbahnen klingeln, Boote gleiten vorbei, die Sonne wandert über die Dächer. Und doch liegt über allem eine Gelassenheit, wie sie nur ein Fluss schenken kann. Wenn du Prag wirklich kennenlernen willst, dann geh hier entlang – und lass dich treiben, wie die Moldau selbst.