Die John-Lennon-Mauer ist eine Mauer in Prag, die mit Graffiti, Zeichnungen und Botschaften von Lennon bedeckt ist. Sie befindet sich in der Malá Strana, in der Nähe des Wenzelsplatzes. Die Mauer wurde nach dem Tod von John Lennon im Jahr 1980 von seinen Fans in Prag zu seinem Gedenken erbaut. Sie wurde seitdem immer wieder zerstört und neu aufgebaut.
Die John-Lennon-Mauer ist ein Symbol für Frieden, Freiheit und Liebe. Sie ist ein beliebtes Ziel für Touristen und Einheimische gleichermaßen. Die Mauer wird regelmäßig von Künstlern aus aller Welt bemalt und mit neuen Botschaften versehen. Sie ist ein lebendiges Denkmal für John Lennon und seine Botschaften der Liebe und des Friedens.
Hier sind einige der Dinge, die du an der John-Lennon-Mauer sehen kannst:
- Graffiti, Bilder und Zeichnungen von John Lennon und den Beatles
- Botschaften von Liebe, Frieden und Freiheit
- Blumen und Kerzen
- Fotos von Menschen, die sich an John Lennon erinnern
Wenn du in Prag bist, solltest du dir die John-Lennon-Mauer unbedingt ansehen. Sie ist ein einzigartiges und inspirierendes Denkmal für einen der größten Musiker aller Zeiten.
Themenübersicht:
- John-Lennon-Wand (Lennonova zeď) – Prags bunte Wand der Freiheit
- Vom verbotenen Widerstand zur Touristenattraktion – die Geschichte der John-Lennon-Wand
- Kunst im Wandel: Kreative Neuanfänge und berühmte Beiträge
- Symbolik und kulturelle Bedeutung: Mehr als nur bunte Farbe
- Ikonische Zitate und spannende Anekdoten
- Internationale Einflüsse: Eine Wand geht um die Welt
- Tipps für Besucher

John-Lennon-Wand (Lennonova zeď) – Prags bunte Wand der Freiheit
Du schlenderst durch die malerischen Gassen Prags. Plötzlich taucht vor dir ein Meer aus Farben auf: Eine ganze Wand voller Graffiti, Songzeilen und Friedenszeichen strahlt dich an. Gitarrenklänge liegen in der Luft – jemand spielt „Imagine“, und eine kleine Menschentraube singt leise mit. Dieser magische Ort, der dich zugleich zum Staunen und Nachdenken bringt, ist die John-Lennon-Wand (Lennonova zeď). Was auf den ersten Blick wie bloße Street-Art wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als lebendiges Geschichtsbuch. Jede Schicht Farbe erzählt von Hoffnung und Rebellion, von Kunst und Politik. Begleite uns auf eine Zeitreise durch die Jahrzehnte – hinter die Kulissen dieses legendären Graffiti-Denkmals, das weit mehr ist als nur eine bemalte Mauer.
Vom verbotenen Widerstand zur Touristenattraktion – die Geschichte der John-Lennon-Wand
Die Geschichte der John-Lennon-Wand beginnt in einer Zeit, als Prag noch hinter dem Eisernen Vorhang lag. In den 1960er und 70er Jahren sehnten sich vor allem junge Tschechen nach mehr Freiheit und saugten heimlich westliche Musik auf, die offiziell verboten war. John Lennon und die Beatles galten im kommunistischen Regime als subversiv – dennoch schmuggelten Fans ihre Platten ins Land und ließen sich von Botschaften wie „Make love, not war“inspirieren. John Lennons Appell für Liebe und Frieden gab vielen Jugendlichen in der Diktatur einen Funken Hoffnung und Rebellion.
Am 8. Dezember 1980 erschütterte Lennons Ermordung die Welt – auch in Prag. Kurz darauf malte ein unbekannter junger Künstler ein Porträt von John Lennon sowie Liedzeilen auf eine weiße Wand am Velkopřevorské náměstí, dem Großpriorats-Platz. Es handelte sich um die Rückwand eines Gartens des Malteserordens; vorne dran war der steinerne Sockel eines alten Brunnens, der nun wie ein Grabmal für Lennon hergerichtet wurde. Bald brannten Kerzen, Blumen und handgeschriebene Nachrichten schmückten die Stelle – eine geheime Gedenkstätte mitten in sozialistischer Umgebung. Doch die Behörden reagierten prompt: Westliche Beatles-Lyrics und Trauerbekundungen passten nicht ins Bild der ČSSR. Im April 1981 rückte die Geheimpolizei an, überstrich die Wand mit graugrüner Farbe und entfernte sämtliche Erinnerungsstücke – offiziell galt dies als Beseitigung „staatsfeindlicher Schmierereien“.
Die Reaktion der Jugend ließ nicht lange auf sich warten. Schon am nächsten Tag erschienen neue Parolen an der frisch gesäuberten Wand: Protestverse, Liebesgedichte und Slogans wie „Jan Palach would cry“ – „Jan Palach würde weinen“. (Palach war ein Student, der sich 1969 aus Protest gegen die Besatzung verbrannt hatte – sein Name galt als Symbol des Widerstands.) Je mehr die Behörden die Wand übermalten, desto entschlossener kehrten die Botschaften zurück. In den 1980ern wurde das unscheinbare Mauerstück zu einem Treffpunkt der Gegenkultur: Heimlich versammelten sich junge Leute an Lennon’s Todestag, zündeten Kerzen an, schrieben ihre Wünsche und Frustrationen an die Wand und sangen im Flüsterton Beatles-Songs. Die Staatssicherheit stellte zeitweise Kameras und Wachposten auf, um nächtliche „Schmierfinken“ abzuschrecken – jedoch vergeblich, denn die Wand wurde immer wieder neu beschrieben, kaum dass die Polizisten wegschauten. Der Staat schäumte: Die regimehörigen Medien beschimpften die jugendlichen Lennon-Fans als „Alkoholiker, Irre und Agenten westlicher Ideologie“ und diffamierten ihre Bewegung als angebliche „Lennonismus“ (in Anspielung auf Leninismus – ein zynisches Wortspiel). Doch die jungen Tschechen ließen sich nicht einschüchtern.
1988 schließlich kam es zum Eklat: Hunderte Studenten nutzten die Lennon-Wand, um ihren aufgestauten Unmut lautstark auszudrücken. Die Situation eskalierte in einem handfesten Zusammenstoß mit der Polizei auf der nahegelegenen Karlsbrücke (Karlův most). Selbst das konnte den Drang nach Veränderung nicht stoppen. Ironischerweise dachte das Regime am Ende darüber nach, die Wand offiziell anzuerkennen – man erwog, eine Gedenkplakette für Lennon am Großpriorats-Platz anzubringen. Gleichzeitig versuchten die Obrigen, mit genehmigten Jugendkonzerten die unerlaubten Versammlungen an der Wand zu überlagern. Doch all diese Manöver konnten den Lauf der Geschichte nicht aufhalten: Im November 1989 strömten über eine halbe Million Menschen in Prag auf die Straßen, um das Ende der Diktatur zu fordern. Die Samtene Revolution fegte das Regime hinweg – und die John-Lennon-Wand, einst Ziel staatlicher Repression, verwandelte sich quasi über Nacht in ein Denkmal der Freiheit.
Nach 1989 war Prag ein freies Land – und die Lennon-Wand blieb als buntes Vermächtnis bestehen. Von nun an durfte jeder seiner Kreativität freien Lauf lassen. Binnen kurzer Zeit bedeckten neue Schichten von Graffiti das ursprüngliche Lennon-Porträt, das längst unter der Farbe begraben wurde. Aus dem versteckten Untergrund-Mahnmal war ein öffentliches Symbol geworden, das auch Touristen anzog. Der Grundbesitzer – der Souveräne Malteserorden, dem die Mauer und das dahinterliegende Klostergelände gehören – tolerierte das bunte Treiben großzügig. In den 1990ern und 2000ern lebte die Wand richtig auf: Ständig kamen frische Bilder, Schriften und Schablonenkunst hinzu, oft übereinander und durcheinander. Die John-Lennon-Wand wurde zu einer Art öffentlichem Tagebuch, das sich täglich änderte.
Kunst im Wandel: Kreative Neuanfänge und berühmte Beiträge
Die John-Lennon-Wand ist ein lebendes Kunstwerk, das sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder neu erfunden hat. Nachdem der politische Druck wegfiel, verwandelte sie sich in ein buntes Patchwork verschiedenster Graffiti-Stile. Besucher aus aller Welt verewigten sich – mal entstanden liebevoll gemalte Peace-Symbole oder Lennons Konterfei, mal hinterließen Reisende einfach ihre Namen oder ein Datum. Diese unkontrollierte Flut an Kritzeleien führte dazu, dass die ursprüngliche Botschaft der Wand zeitweise unter Schichten von Touristen-Tags begraben wurde. Doch immer wieder gab es Künstler und Aktivisten, die dem Chaos neue Bedeutung gaben.
Im November 2000 beispielsweise sorgte die tschechische Künstlergruppe Rafani für Aufsehen: Sie übermalte die komplette Wand in einem einheitlichen Grünton und setzte in riesigen weißen Buchstaben das Wort „LOVE“ darauf. Diese provokative Kunstaktion spiegelte einen damaligen politischen Konflikt in Tschechien wider und sollte Liebe als Botschaft in den Vordergrund stellen. Natürlich blieb auch diese monochrome Liebeserklärungnicht lange allein – schon bald füllten neue Graffiti die grüne Fläche wieder aus, nachdem auf Drängen der Behörden der ursprüngliche Anstrich zurückgekehrt war.
2003 erhielt die Wand dann prominenten Besuch: Yoko Ono, die Witwe John Lennons, besuchte Prag und hinterließ ebenfalls eine handgeschriebene Friedensbotschaft auf „Lennons Mauer“. Dass die Lebensgefährtin des Mannes, dem dieser Ort gewidmet ist, sich persönlich verewigte, war ein emotionaler Höhepunkt – und bestätigte die internationale Bedeutung der Wand als Symbol für Frieden.
In den 2010er-Jahren stieß die Entwicklung der Lennon-Wand eine Debatte an. Viele Einheimische fanden es schön, dass sich die Wand ständig veränderte; andere meinten, dass der ursprüngliche geistige Gehalt – der Protest gegen Unterdrückung – in den endlosen touristischen Kritzeleien verloren zu gehen drohte. 2014 folgte daraufhin ein radikaler und umstrittener Schritt: In der Nacht des 16. November, kurz vor dem 25. Jubiläum der Samtenen Revolution, strich eine Gruppe von Kunststudenten (die sich „Pražská služba“ nannte) die gesamte Wand heimlich weiß und sprühte in dicken schwarzen Lettern den Satz „Wall Is Over!“ darauf. Diese Botschaft spielte auf John Lennons berühmtes Weihnachtslied „Happy Xmas (War Is Over)” an – allerdings mit dem Wort „Wall“ (Mauer) statt „War“ (Krieg). Am nächsten Morgen staunten Passanten und Fans nicht schlecht: Die ikonische bunte Wand war komplett leergefegt, nur das provokante „Wall Is Over“ prangte darauf. Viele waren empört über die Weiße Wand: Medien berichteten weltweit, und der Malteserorden erstattete zunächst Anzeige gegen die unbekannten „Täter“. Doch dann stellte sich heraus, dass die Aktion gut gemeint war – die Studenten erklärten, die Lennon-Wand habe ihrer Ansicht nach ihren ursprünglichen Sinn verloren und bräuchte einen Neuanfang als unbeschriebenes Blatt für die junge Generation. Nach dieser Erklärung verzichtete der Eigentümer auf rechtliche Schritte. Und tatsächlich – kaum ein paar Wochen später hatte die Öffentlichkeit das Werk der Studenten rückgängig gemacht: Hunderte neuer Graffiti, bunte Friedenstauben, Lennon-Zitate und Liebesschwüre bedeckten bis zum Jahresende die ehemals weiße Fläche. Die Wand lebte wieder auf, so bunt wie zuvor. Ein Unbekannter ergänzte übrigens schelmisch ein fehlendes „R“ im Slogan – aus „Wall Is Over“ wurde flugs „War Is Over“, genau wie im Song von John und Yoko.
Das Jahr 2014 brachte noch etwas Bemerkenswertes: Rund um den Globus inspirierten sich Menschen an Prags Lennonova zeď. In Hongkong etwa entstanden während der Proteste für Demokratie sogenannte „Lennon Walls“, bei denen Bürger Tausende Post-it-Zettel mit Wünschen und Forderungen an öffentliche Wände klebten. Das Konzept des kreativen Protestwalls verbreitete sich plötzlich international – ein Vorbote dafür, dass die Geschichte der Prager Wand noch lange nicht auserzählt war.
Auch in Prag selbst ging es bewegt weiter. Im März 2019 – pünktlich zum 30. Jahrestag des kommunistischen Falls – erstrahlte die Lennon-Wand erneut in neuer Form: Dieses Mal malten Klimaschutz-Aktivisten von Extinction Rebelliongroße Teile der Fläche weiß, ließen aber ausgesparte Buchstaben stehen, sodass in riesigen Negativ-Schriftzügen „Klimatická nouze“ (dt. Klimanotstand) zu lesen war. Die Umweltaktivisten wollten damit die tschechische Regierung zum Handeln gegen den Klimawandel auffordern. Um das neue Monument herum luden sie Passanten ein, eigene Botschaften zum Klima hinzuzufügen – bald füllten bunte Aufschriften in verschiedenen Sprachen die Wand, von Forderungen wie „Act Now“ bis zu Zeichnungen eines Totenkopfes als Mahnung. Die John-Lennon-Wand hatte sich damit einmal mehr in ein Sprachrohr für globale Anliegen verwandelt.
Nur wenige Monate später griff die internationale Politik direkt auf die Prager Mauer über. Im Sommer 2019 tobten in Hongkong erneut Massenproteste, und diesmal tauchte an der Lennonova zeď ein eindringliches Solidaritätsbild auf: Tschechische und hongkong-chinesische Künstler malten gemeinsam die Silhouette eines gelben Regenmantels – ein Symbol für den jungen Aktivisten Marco Leung, der in Hongkong beim Protest sein Leben verloren hatte. Daneben stand in leuchtenden Farben „Hong Kong, add oil“ – ein chinesisch-englischer Ausdruck, der so viel heißt wie „Gib Gas, Hongkong“ bzw. „Haltet durch!“. Doch die politische Kunst rief auch Gegenreaktionen hervor: Kurz darauf übersprühten unbekannte Pro-Peking-Personen Teile des Bildes mit Parolen zur Unterstützung der chinesischen Regierung, was wiederum andere Aktivisten dazu veranlasste, die Wand erneut umzugestalten. Für einen Moment wurde die Prager Lennon-Wand so zum Schauplatz eines Graffiti-Stellvertreterkampfszwischen Demokratiebefürwortern und -gegnern – ganz im Geiste ihres Erbes als Ort des Meinungsstreits.
Diese Ereignisse machten deutlich, dass die Lennonova zeď zwar ein Touristenmagnet geworden war, aber nichts von ihrer rebellischen Seele verloren hatte. Allerdings sah der Malteserorden nun Handlungsbedarf, um die Würde des Ortes zu bewahren. Im Oktober 2019 – pünktlich zum 30. Jubiläum der Samtenen Revolution – initiierte der Orden in Kooperation mit der Stadt Prag eine umfassende Renovierung der Lennon-Wand. Unter Leitung des Künstlers Pavel Šťastný und mit Hilfe von über 30 professionellen Street-Art-Künstlern aus Tschechien und dem Ausland erhielt die Mauer ein völlig neues Erscheinungsbild. Man grundierte sie und gestaltete sie abschnittsweise mit kunstvollen Motiven neu. In der Mitte installierten die Künstler ein besonderes Highlight: ein großes spiegelfarbenes Metallrelief mit dem Konterfei John Lennons, das je nach Lichteinfall die Umgebung reflektiert. Aus der bunten Chaotenwand wurde so eine durchkomponierte Freiluft-Galerie, die aber weiterhin Lennons Geist atmet.
Mit dieser Neugestaltung einher gingen Regeln, um das Kunstwerk zu schützen. Spontanes Besprayen der kompletten Wand ist seitdem untersagt – stattdessen wurden am Rand weiße Tafeln angebracht, auf denen Besucher sich verewigen können. Erlaubt sind nur abwischbare Materialien wie Kreide oder Filzstift, kein dauerhaftes Spray. Kameras und gelegentliche Polizeistreifen sollen verhindern, dass die neuen Bilder mutwillig beschädigt werden. Gleichzeitig – und das ist bedeutsam – wurde die John-Lennon-Wand 2019 erstmals offiziell als Kulturdenkmal anerkannt. Damit würdigte man ihren historischen Wert als Ort der Erinnerung und Mahnung.
Doch wie eh und je bleibt die Wand ein dynamisches Kunstwerk. Schon September 2022 gab es wieder einen kreativen Umbruch: Im Rahmen des EU-weiten Kunstprojekts „Wall of Freedom and Energy“ strichen Teams aus 27 EU-Ländern sowie Künstler aus Norwegen und der Ukraine die Lennon-Wand an einem Tag erneut frisch und gestalteten sie gemeinsam komplett neu. Diesmal lag der Fokus auf dem Thema Freiheit und Energie: Die eingeladenen Künstler – darunter auch ein Vertreter aus Malta, dem Land des Eigentümers – brachten jeweils eigene Motive und Stile ein. Das zentrale Spiegel-Porträt von John Lennon blieb dabei erhalten und erstrahlt seitdem noch imposanter, umrahmt von den farbenfrohen Werken europäischer Street-Art-Kunst. Die Wand trägt nun Schichten des 21. Jahrhunderts, doch genau wie in den 80ern ist sie Spiegel der Zeit – ein kreatives Barometer für das, was die Gesellschaft bewegt.
Symbolik und kulturelle Bedeutung: Mehr als nur bunte Farbe
Was macht die John-Lennon-Wand so besonders, dass sie Generationen überdauert und Menschen auf der ganzen Welt berührt? Es ist die Kraft ihrer Symbolik. In den dunklen 1980er Jahren bedeutete jedes heimlich gemalte Herz und jedes hingekritzelte Friedenszeichen an dieser Wand eine kleine Trotzreaktion gegen ein autoritäres Regime. Junge Leute, denen sonst das Wort verboten war, nutzten Lennons Lyrics wie „All You Need Is Love“ oder „Give Peace a Chance“ als geheime Parolen. Die Wand gab den Stimmlosen eine Stimme. John Lennon – der von der tschechoslowakischen Jugend verehrt wurde, obwohl er nie in Prag war – wurde zum Symbol des Freiheitswillens. Seine Ideale von Gewaltlosigkeit und Zusammenhalt boten Identifikation und Trost in einer Zeit, als Meinungsfreiheit im Osten Mangelware war.
Nach dem Wandel von 1989 änderte sich zwar das Umfeld, doch die Magie der Wand blieb bestehen. Nun konnte offen gemalt und geschrieben werden – und die Lennonova zeď wandelte sich vom Untergrund-Spot zur bekannten Sehenswürdigkeit. Aber ihr Kern blieb unverändert: Sie ist bis heute ein Ort, an dem jeder seine Gefühle, Hoffnungen und auch Protestgedanken frei ausdrücken kann. Die Wand hat sozusagen eine demokratische Seele – jede Botschaft, egal von wem, darf ein Teil des großen Ganzen werden (zumindest bis zur nächsten Schicht Farbe).
Heutzutage steht die John-Lennon-Wand international für Toleranz, Frieden und kreative Meinungsfreiheit. Sie ist ein Monument, das zeigt, dass Kunst eine mächtige Sprache sein kann, wenn andere Wege versperrt sind. Ob gegen Krieg, für Liebe oder für Klimaschutz – die Wand nimmt alle diese Stimmen auf und bildet sie in grellen Farben ab. Ein Sprichwort besagt: „Wände haben Ohren.“ – Nun, diese spezielle Wand hat auch eine Stimme. Und sie spricht für viele. Dass die Stadt Prag die Lennonova zeď offiziell zum Gedenkort erklärt hat, unterstreicht ihren kulturellen Stellenwert: Hier wird Geschichte nicht in Museen konserviert, sondern lebt und verändert sich ständig weiter.
Für die tschechische Gesellschaft hat die Lennon-Wand einen besonderen Platz im Herzen. Sie erinnert an die Kraft der Jugend und der Musik im Kampf gegen die Unfreiheit. Was als verbotene Kritzelei begann, wurde zum Symbol der samtenen Revolution und der Rückkehr in die demokratische Welt. Gleichzeitig ist sie ein Mahnmal für die Verantwortung, die Freiheit zu bewahren – beschmiert oder blank, die Wand hielt über Jahrzehnte den Spiegel vor: Was beschäftigt uns? Wofür stehen wir ein? Jeder neue Schriftzug gibt eine mögliche Antwort.
Ikonische Zitate und spannende Anekdoten
Im Laufe der Zeit haben sich unzählige Sprüche, Zitate und kleine Geschichten in die Farbschichten der Lennon-Wand eingegraben. Viele davon sind mittlerweile wieder übermalt, aber einige wurden zu Legenden. So prangten immer wieder berühmte Lennon-Zitate auf der Mauer: „All You Need Is Love“, „Give Peace a Chance“, „Imagine there’s no heaven“– Worte, die jeder Beatles-Fan kennt und die hier, in bunten Farben gesprüht, eine Gänsehautstimmung erzeugten. In den 80ern reichten ein paar solcher Worte, um den Mächtigen die Stirn zu bieten. Ein besonders aufrüttelndes Statement war etwa die bereits erwähnte Aufschrift „Palach would cry“ – Jan Palach wurde damit zum stummen Mitstreiter der Lennonisten. Daneben entdeckte man auf der Mauer Botschaften in allen möglichen Sprachen: Englische Liebesschwüre, spanische Friedensappelle, deutsche Erinnerungsworte. Ein in deutscher Sprache geschriebener Satz lautete zum Beispiel: „Auch wir werden Dich nicht vergessen“ – gerichtet an John Lennon. Solche Sätze zeigten, dass die Trauer und Hoffnung, die diese Wand ausdrückt, international verstanden wurden.
Auch die Wand selbst hat Geschichte geschrieben – hier ein paar Anekdoten rund um diesen besonderen Ort:
- Die unbezwingbare Wand: Die Behörden strichen die Mauer in den 80ern zahllose Male über, doch jedes Mal tauchten über Nacht neue Graffiti auf. Es wird erzählt, dass einmal ein Polizist die Wand bewachen sollte und trotzdem schafften es die Jugendlichen, hinter seinem Rücken die frische Farbe wieder zu bedecken. Die Lennon-Wand war praktisch unbezwingbar – sehr zum Frust der Staatsmacht.
- Yokos Gruß: 2003, als Yoko Ono die Wand besuchte, schrieb sie eine kurze Botschaft: Sie dankte den Menschen dafür, John so in Ehren zu halten, und ermutigte zu weiterem Eintreten für Frieden. Dieser Moment – John Lennons Witwe vor der mit Bildern ihres Mannes bedeckten Wand – war für viele Anwesende zutiefst bewegend.
- „Wall is over“ wird zu „War is over“: Die Nacht-und-Nebel-Aktion von 2014, als die Wand weiß war, hat Prag in Aufruhr versetzt. Innerhalb von Stunden nutzten Besucher die freie Fläche, um ihre Meinung über diese Aktion kundzutun – mit neuen Graffiti, die die Leere füllten. Legendär ist die kleine Korrektur eines unbekannten Künstlers, der aus dem provokanten Schriftzug „Wall Is Over!“ kurzerhand „War Is Over!“ machte. So wurde aus dem vermeintlichen Ende der Wand eine Rückbesinnung auf John Lennons Friedensbotschaft „War is over, if you want it“. Diese kreative Antwort brachte viele zum Schmunzeln und zeigte, dass die Community die Wand wirklich als ihre eigene betrachtete.
- Der ewige Baum: Wusstest du, dass direkt hinter der John-Lennon-Wand einer der ältesten Platanenbäume Prags steht? Diese uralte Platane hat all die Veränderungen miterlebt – vom ersten Bildnis 1980 bis zur neuesten Kunst von heute – und spendet im Sommer Schatten für Betrachter der Wand. Man könnte sagen, Baum und Wand bilden zusammen ein kleines Ensemble: Der Baum steht für Beständigkeit, die Wand für Wandel.
Die John-Lennon-Wand ist voller solcher Geschichten. Manche romantisch – so sollen sich hier Paare kennengelernt und sogar Heiratsanträge verewigt haben – andere politisch und künstlerisch. Jeder Besucher kann Teil dieser lebenden Collage werden, und genau das macht den Reiz aus. Die Wand erzählt Geschichten, aber sie lässt dich auch selbst Geschichte schreiben, wenn du willst.
Internationale Einflüsse: Eine Wand geht um die Welt
Was in den 1980ern als lokaler Akt des Widerstands begann, hat längst internationale Wellen geschlagen. Die John-Lennon-Wand in Prag inspirierte Menschen rund um den Globus, Ähnliches zu tun. Besonders eindrucksvoll zeigte sich das in Hongkong: Während der Demokratie-Proteste 2014 entstand dort an einer Treppe vor Regierungsgebäuden eine improvisierte Lennon-Wall aus tausenden bunten Klebezetteln, auf denen die Hongkonger ihre Wünsche nach Freiheit formulierten. Fünf Jahre später, bei den Massenprotesten 2019, brach dann ein wahrer Lennon-Wall-Boom aus – innerhalb weniger Tage „blühten“ in Hongkong über 150 solcher Lennon-Wände auf. Ganze Unterführungen und Straßenwände waren bedeckt mit Notizen, Zeichnungen und Liedzitaten, ganz wie das Prager Original, nur dass hier Post-its das Medium waren. Die Hongkonger hatten die Idee aufgenommen, um ihrer Stimme Ausdruck zu verleihen, und machten sie zu etwas Eigenem. Natürlich versuchten auch dort die Behörden, die Botschaften wieder zu entfernen – aber ähnlich wie in Prag tauchten sie immer wieder neu auf.
Nicht nur in Hongkong, auch in vielen anderen Städten entstanden in den letzten Jahren Wände à la Lennon: In Berlinverewigten Aktivisten Botschaften für ein offeneres Miteinander auf einer „Lennon Wall“, in London gab es temporäre John-Lennon-Wände nach Anschlägen als Zeichen der Solidarität, in Sydney, Seoul, Toronto, Vancouver, Taipeh und anderswo tauchten plötzlich bunte Friedenswände auf. All diese Beispiele zeigen, welch immense Symbolkraft von der kleinen Prager Mauer ausgeht. Sie hat Menschen weltweit motiviert, Stift und Pinsel in die Hand zu nehmen und ihre Überzeugungen sichtbar zu machen – im wahrsten Sinne des Wortes Schreiben an der Wand.
Gleichzeitig bleibt die originale Lennon-Wand in Prag ein Pilgerort für Musik- und Friedensfans aus aller Welt. Tausende Besucher kommen jedes Jahr hierher und viele hinterlassen einen eigenen kleinen Gruß auf der Mauer – sei es eine Unterschrift, ein Datum, ein Herz mit Initialen oder ein Zitat in ihrer Muttersprache. So schichtet sich ständig weitere internationale Farbe über die Wand. Man kann förmlich spüren, wie dieser Ort Kulturen verbindet: Da schreibt ein Spanier „Te amo“ (Ich liebe dich) neben einen tschechischen Satz „Pravda a láska“ (Wahrheit und Liebe), daneben klebt ein Besucher aus Japan einen Sticker mit Friedenssymbol an. Dieser kulturelle Austausch in Graffiti-Form macht einen Besuch der Lennonova zeď zu etwas Einzigartigem.
Für Prag selbst ist die John-Lennon-Wand heute selbstverständlich auch ein touristisches Highlight. In nahezu jedem Reiseführer wird sie empfohlen, und auf Instagram findest du unzählige Fotos von Menschen vor dem berühmten Wandgemälde. Doch anders als manch andere Attraktion, die man nur bestaunt, lädt dich diese hier zum Mitmachen ein. Sie hat etwas unmittelbar Verbindendes: Fremde kommen ins Gespräch, wenn sie Übersetzungen der Zitate diskutieren oder Stifte teilen, um etwas dazuzuschreiben. So gesehen erfüllt die Lennon-Wand einen schönen Zweck – sie bringt Menschen zusammen, ganz im Sinne von John Lennons Vision einer vereinten Welt.
Tipps für Besucher
Lage und Anreise: Die John-Lennon-Wand befindet sich in der Prager Kleinseite (Malá Strana), auf dem Velkopřevorské náměstí (Großpriorats-Platz), direkt gegenüber der Französischen Botschaft. Vom Altstädter Ufer der Moldau erreichst du sie am besten zu Fuß: Überquere einfach die Karlsbrücke (Karlův most) und biege hinter dem Brückenturm in die kleinen Gassen nach links ab – schon stehst du nach ein paar Minuten vor der bunt besprühten Mauer. Ein großes Tor mit Malteserkreuz (der Eingang zum Ordensgelände) und die benachbarte Kirche Maria unter der Kette (Kostel Panny Marie pod řetězem) dienen dabei als Orientierungspunkte.
Öffnungszeiten und Eintritt: Die John-Lennon-Wand ist kein klassisches Museum, sondern Teil des öffentlichen Raums – du kannst sie rund um die Uhr kostenlos besichtigen. Es gibt keine Absperrung und kein Ticket, die Wand ist frei zugänglich. Am Tage herrscht allerdings oft Trubel: Besonders in den Sommermonaten kommen viele Touristen, und es kann zeitweise richtig voll werden vor Ort. Wenn du ungestört Fotos machen oder die Wand in Ruhe auf dich wirken lassen möchtest, empfehlen wir einen Besuch am frühen Morgen. Zu dieser Tageszeit sind kaum Leute dort und du kannst die Graffiti ungestört betrachten (und ablichten), während die Stadt langsam erwacht. Abends nach Einbruch der Dunkelheit wird es zwar ebenfalls ruhiger, doch dann spenden nur wenige Laternen Licht – die leuchtenden Farben der Wand gehen im Halbdunkel etwas verloren.
Eigenes Graffiti: Früher war es üblich, dass praktisch jeder Besucher mit der Spraydose Hand anlegte. Heutzutage bitten die Verantwortlichen um etwas mehr Rücksicht: Sprayen ist offiziell nicht mehr erlaubt, um das aktuelle Wandbild zu schonen. Stattdessen darfst du aber sehr wohl kleine Botschaften hinterlassen – am besten mit einem wasserlöslichen Filzstift oder Kreide. Teile der Wand (weiße Flächen am Rand) sind dafür freigegeben. Wenn du also deinen Namen, ein Zitat oder ein kleines Herz hinzufügen möchtest, bring einfach einen geeigneten Stift mit. Bitte achte darauf, nur an der dafür vorgesehenen Wand zu malen und nicht umliegende Hauswände zu bekritzeln – leider hatten einige Touristen in der Vergangenheit auch benachbarte historische Gebäude mit Graffiti verunstaltet, weshalb jetzt Überwachungskameras in der Gegend installiert wurden. Halte dich an die Regeln, dann bleibt die tolerante Atmosphäre erhalten, und alle haben Freude an der Kunst statt Ärger mit der Polizei.
In der Umgebung: Ein Besuch der John-Lennon-Wand lässt sich wunderbar mit anderen Sehenswürdigkeiten in der Kleinseite verbinden. Gleich um die Ecke (rund 5 Gehminuten) liegt der belebte Malostranské náměstí (Kleinseitner Ring) mit der imposanten St.-Nikolaus-Kirche (Kostel sv. Mikuláše) – einer der prächtigsten Barockkirchen Prags. Auch der malerische Kampa-Park an der Moldau ist nicht weit entfernt und lädt zum Verschnaufen ein. Dort kannst du entlang des Čertovka-Kanals spazieren, der auch Prager Venedig genannt wird. Wenn du tiefer in die Hintergründe der Lennon-Wand eintauchen möchtest, lohnt sich ein Abstecher in das kleine Museum „Lennon Wall Story“ (Prokopská 8, ebenfalls in der Kleinseite). Dieses 2021 eröffnete Museum präsentiert Fotos, historische Objekte und Beatles-Memorabilia rund um die Entstehung der Wand und ihre Entwicklung im Laufe der Zeit. Ein toller Ort, um die Geschichte nochmal Revue passieren zu lassen – klimatisiert und ohne Menschenmassen.
Am Ende wirst du feststellen: Die John-Lennon-Wand ist weit mehr als eine Ansammlung von Graffiti. Sie ist ein Gefühl, ein Stück Freiheit zum Anfassen. Egal ob du Musikfan, Geschichtsinteressierter oder einfach neugieriger Reisender bist – diese Wand wird dich mitreißen. Nimm dir einen Moment, lies ein paar der Botschaften, lass die Mischung aus Farben und Klängen auf dich wirken. Vielleicht summst du unwillkürlich „All you need is love“ mit, wenn ein Straßenmusiker in der Nähe in die Saiten greift. Und vielleicht verspürst du sogar den Wunsch, selbst Teil dieses fortwährenden Kunstwerks zu werden und deinen Namen oder Wunsch dazugeben.
Die Lennon-Wand wartet auf dich – in ihrer einzigartigen, chaotisch-schönen Pracht – und erinnert uns alle daran, dass die Suche nach Frieden und Freiheit zeitlos ist.
Quellen: