Pinkas-Synagoge (Pinkasova synagoga)

Die Pinkas-Synagoge (Pinkasova synagoga) ist eines der ergreifendsten Denkmäler im Prager Jüdischen Viertel (Josefov). Sie liegt direkt am Rande des Alten Jüdischen Friedhofs, und gehört heute zum Jüdischen Museum in Prag (Židovské muzeum v Praze). Ursprünglich als Haus der Andacht errichtet, ist sie heute vor allem ein Ort des stillen Gedenkens an die Opfer der Shoah aus Böhmen und Mähren.

Geschichte der Pinkas-Synagoge

Die Ursprünge der Pinkas-Synagoge reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück, als an dieser Stelle bereits ein privates Bethaus existierte. Im Jahr 1535 ließ Aaron Meshullam Horowitz, Mitglied einer der bedeutendsten jüdischen Familien Prags, das heutige Gebäude errichten. Es ist damit nach der Altneu-Synagoge (Staronová synagoga) die zweitälteste erhaltene Synagoge der Stadt.

Der Name „Pinkas“ geht vermutlich auf Israel Pinkas Horowitz zurück, einen Nachfahren oder Verwandten des Gründers. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude mehrfach umgebaut – unter anderem im 16. Jahrhundert mit einem Anbau im Stil der Spätrenaissance, der einen Frauenbereich und eine Galerie aufnahm.

Da die Synagoge unterhalb des Straßenniveaus liegt, wurde sie immer wieder von Überschwemmungen heimgesucht, besonders stark beim Hochwasser von 1860. Dabei musste der Fußboden angehoben und Teile des Innenraums erneuert werden.

Während der nationalsozialistischen Besatzung wurde das Jüdische Viertel weitgehend zerstört oder enteignet – die Pinkas-Synagoge blieb als Gebäude bestehen und wurde nach dem Krieg in eine Gedenkstätte umgewandelt.

Architektur und Innenraum

Die Pinkas-Synagoge verbindet spätgotische und frührenaissance Elemente zu einem harmonischen Ganzen. Besonders eindrucksvoll sind das Rippengewölbe des Hauptraums und das reich verzierte Eingangsportal mit seiner hebräischen Inschrift.

Im Inneren befand sich ursprünglich eine Bima (Lesepult) in der Mitte des Raumes, umgeben von Sitzreihen an den Wänden. Heute ist der Raum jedoch gänzlich der Erinnerung gewidmet: An den Wänden sind in akkurater hebräischer und lateinischer Schrift etwa 80 000 Namen jüdischer Opfer verzeichnet – Männer, Frauen und Kinder aus Böhmen und Mähren, die während des Holocausts ermordet wurden.

Die Anordnung erfolgt nach den Herkunftsorten, was die lokale Dimension der Tragödie auf eindrückliche Weise spürbar macht.

Gedenkstätte und Ausstellung

Nach 1945 wurde die Pinkas-Synagoge in eine Gedenkstätte für die Opfer der Shoah umgestaltet. Die Idee stammt aus den frühen 1950er-Jahren, als Historiker und Künstler des Jüdischen Museums begannen, die Namen der Opfer zu dokumentieren und an den Wänden zu verewigen.

Zwischen 1954 und 1959 entstand so eines der eindringlichsten Holocaust-Mahnmale Europas. In den 1960er-Jahren musste die Synagoge wegen Feuchtigkeitsschäden und Hochwassers mehrmals restauriert werden – 1995 wurde die Inschrift vollständig erneuert.

Im Obergeschoss befindet sich heute eine bewegende Ausstellung mit Kinderzeichnungen aus dem Ghetto Theresienstadt (Terezín). Diese Werke entstanden zwischen 1942 und 1944 unter der Anleitung der Künstlerin Friedl Dicker-Brandeisová und zeigen die Gedanken, Hoffnungen und Ängste der Kinder, von denen die meisten später deportiert und ermordet wurden.

Die Pinkas-Synagoge ist damit nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch ein Zeugnis künstlerischer und menschlicher Ausdruckskraft inmitten von Unrecht und Leid.

Besuch der Pinkas-Synagoge

Die Synagoge ist Teil des Jüdischen Museums in Prag, das mehrere historische Gebäude umfasst, darunter auch die Spanische Synagoge (Španělská synagoga), die Maisel-Synagoge (Maiselova synagoga) und den Alten Jüdischen Friedhof (Starý židovský hřbitov).

Der Eintritt zur Pinkas-Synagoge ist im Kombiticket des Museums enthalten. Dieses kostet etwa 600 CZK (≈ 24 €) für Erwachsene und beinhaltet den Zugang zu allen Hauptstandorten des Museums.

Die Öffnungszeiten variieren je nach Jahreszeit, meist ist täglich (außer samstags und an jüdischen Feiertagen) geöffnet. Fotografieren ist im Inneren in der Regel nicht erlaubt, um die Würde des Ortes zu wahren.

Wer den jüdischen Teil Prags erkundet, sollte diesen Ort unbedingt besuchen – die Stille, die Namen an den Wänden und die kindlichen Zeichnungen im Obergeschoss lassen niemanden unberührt.


Adresse: Široká 3, 110 00 Prag 1