Libeň

Libeň ist ein traditionsreicher Stadtteil im Nordosten von Prag, der sich entlang der Moldau (Vltava) erstreckt und heute größtenteils zum Verwaltungsbezirk Prag 8 gehört. Der Stadtteil vereint alte dörfliche Strukturen mit industrieller Geschichte, moderner Architektur und einer wachsenden Kulturszene – ein Viertel im Wandel, das seine Authentizität bewahrt hat.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Libeň im 14. Jahrhundert, als hier Weinberge und Höfe entlang der Moldauböschung entstanden. Im Jahr 1608 wurde im Schloss Libeň (Zámek Libeň) der „Frieden von Libeň“ zwischen Kaiser Rudolf II. und seinem Bruder Matthias unterzeichnet – ein Ereignis, das Libeň in die Geschichte der Habsburger Monarchie eintrug. Später entwickelte sich das Viertel zu einem der wichtigsten Industriegebiete der Stadt, besonders im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Typisch für Libeň ist sein facettenreiches Stadtbild: Zwischen sanften Hügeln, alten Villen und modernen Wohnkomplexen finden sich noch Relikte der Arbeiterzeit – ehemalige Fabriken, Speicher und Brücken. Besonders prägend war das ČKD-Werk, das mit dem benachbarten Vysočany verbunden war und lange Zeit zu den größten Industriebetrieben Prags zählte. Viele dieser Areale werden heute neu genutzt: als Loftwohnungen, Galerien oder Büroflächen.

Zu den sehenswerten Orten zählt das bereits erwähnte Schloss Libeň, das heute als Standesamt dient. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Grabova-Villa, ein Jugendstilgebäude, das heute als Rathaus des Bezirks dient. Weitere markante Punkte sind die Libeň-Brücke (Libeňský most), die den Stadtteil mit Holešovice verbindet, sowie der Neue Jüdische Friedhof Libeň, eine stille grüne Oase mit jahrhundertealter Geschichte.

Libeň ist zudem eng mit dem Namen Bohumil Hrabal verbunden – der berühmte tschechische Schriftsteller lebte hier viele Jahre, und seine Geschichten sind stark von den Menschen und Orten dieses Viertels inspiriert. Noch heute kannst du an der Hrabal-Bank in der Straße Na Hrázi Platz nehmen, unweit der Schauplätze seiner Bücher.

Das moderne Libeň konzentriert sich rund um den Verkehrsknoten Palmovka, wo Metro, Straßenbahn und Busse zusammentreffen. Hier entstehen neue Wohn- und Büroprojekte, während sich zugleich kleine Cafés, alternative Lokale und Ateliers ansiedeln. Der Stadtteil erlebt dadurch eine spannende Renaissance – urban, lebendig und mit einer Atmosphäre, die zwischen Alt-Prag und Aufbruch schwingt.

Wer Prag abseits der klassischen Postkartenmotive kennenlernen will, findet in Libeň ein Stück echtes, unverfälschtes Prag: roh, geschichtlich aufgeladen und voller Kontraste zwischen Vergangenheit und Zukunft.